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© 2016,

Prof. Dr. Walter van Laack

 

Alle Rechte vorbehalten.

All rights reserved.

 

Wer stirbt, ist nicht tot!

 

© von Prof. Dr. med. Walter van Laack

 Buchbeitrag aus: "Schnittstelle Tod - Warum auf ein Danach vertrauen? (2012)

 

Seit Mitte der 1980er Jahre ist es meine feste Überzeugung, dass der Tod eines Menschen nicht zugleich auch das Ende seiner Persönlichkeit darstellt. Ganz im Gegenteil, ich glaube heute, der Mensch lebt weiter, anders als zuvor natürlich, aber eben weiter und ohne Verlust an Persönlichkeit. Wie Carl Gustav Jung (1875-1961) nach seiner eigenen NTE im Herbst 1943, so glaube auch ich, dass das, „was jenseits des Todes sich ereignet,... so unaussprechlich großartig (ist), dass unsere Vorstellung und unser Gefühl nicht ausreichen, um es auch einigermaßen richtig aufzufassen“. Insofern glaube ich wie er, dass sichjeder Einzelne erst nach seinem Tod als Teil eines großen Ganzen erkennen wird. Jung nannte es, (wie) „der Finger (lernt), seine Zugehörigkeit zur Hand zu entdecken“ (zitiert aus einem Brief von C. G. Jung an Frau B. vom 11.07.1944).

Für „moderne und aufgeklärte Zeitgenossen“ ist so etwas aus dem Mund eines „erdverbundenen“ Arztes, der täglich „auf die Menschen losgelassen ist“ und an einer renommierten Hochschule lehrt, schlichtweg starker Tobak.

Nun, einen eindeutigen Beweis für meine Überzeugung habe ich nicht und werde ihn wohl auch bis an mein hiesiges Lebensende nicht beibringen können. Dennoch würde ich solche Behauptungen natürlich nicht ohne „überzeugende Substanz“ aufstellen: Vielmehr gibt es in meinen Augen so viele „starke Hinweise“, dass sie, so wie viele zusammengefügte Mosaiksteine, letztendlich kaum eine andere (vernünftige) Wahl lassen, sich auch mit dieser Überzeugung anzufreunden – es sei denn, man will sich mit seinen Scheuklappen weiter wohl fühlen. Dabei gebe ich zu, dass auch ich in den 1970er Jahren noch gegenteiliger, d.h. „pessimistischer“, Ansicht war, aber damals auch noch bar jeder tieferen Auseinandersetzung mit dieser Thematik.

 

Glaube gibt es seit Menschengedenken

Seit Urzeiten, ja wohl seit Beginn der Menschheitsgeschichte, war und sind die Menschen weit mehrheitlich von drei Kernthesen überzeugt:

1) Es gibt einen Schöpfer, einen Gott, Gottheit, Götter, schöpferische Ebene, Sinn, Allmächtige Liebe etc. pp., wobei „ein Gott“ aus rein logischen Gründen wohl als Bezeichnung für diese „Dimension“ aus unserer, „tieferen“ Sicht am besten passen dürfte, was noch erläutert wird.

2) es gibt eine Geistige Dimension, Geistebene, ein Land der Seelen, etc. pp., also etwas von materiellen Körpern grundsätzlich Verschiedenes. Daraus resultiert schon früh die Diskussion um einen „Dualismus von Geist und Materie“, was aber nicht sein muss. Auch dazu später noch einmal zurück.

3) Der Mensch überlebt seinen körperlichen Tod – wie auch immer.

Seit einigen Hundert Jahren denkt ein Teil der Menschen anders und meint, damit richtig zu liegen, quasi das Rad neu erfunden zu haben. Wie ich meine nicht ganz treffend, nennt man dieses Zeitalter dann ausgerechnet Zeit der „Aufklärung“ oder Zeitalter der Vernunft (Rationalismus).

Der renommierte zeitgenössische Philosoph Robert Spaemann sagt dazu:[1] „Atheismus ist unvernünftig. Denn wenn vernünftig ist, was alle Wesen für vernünftig halten, dann war es zu allen Zeiten der Menschheit vernünftig, an Gott oder Göttliches zu glauben. Die gerade mal 250 Jahre Atheismus einer kleinen Minderheit in einem sehr kleinen Teil der Welt können den Atheismus nicht vernünftig machen“.

Natürlich gibt es auch erklärte Gegner solcher, wie ich finde, sehr klugen Bemerkungen, und interessanterweise finden gerade sie in unserer Zeit unter den – auch ein wachsendes Problem – immer allmächtiger agierenden Medien große Fürsprache. Nur so lässt sich erklären, dass der britische Evolutionsbiologe Richard Dawkins, hier ein prominentes Beispiel für viele andere, mit seinen – nach meiner Ansicht geradezu hanebüchenen – Gegenargumenten, so viele Bücher verkauft[2]. Unsinnig, wenngleich zumindest lustig, finde ich dann auch Sprüche, wie etwa „Gott ist ein Hormon“(Lionel Tiger)[3].

 

Mosaikstein Nahtoderfahrung

Eines von vielen Mosaiksteinen, von denen ich schon sprach, und die zu einer viel optimistischeren Sichtweise, der zum Glauben an ein Überleben unseres Todes, führen können, sind Nahtoderfahrungen (NTE). Von ihnen war in diesem Buch ja schon sehr viel die Rede, weshalb ich diese Thematik nur am Rande noch einmal aufgreifen möchte: NTE scheinen natürlich genauso alt wie die Menschheit, und vermutlich sind sie sogar ein wesentlicher Bestandteil für das Entstehen aller Religionen. Ob die Erleuchtungen Buddhas, die Offenbarungen Mohammeds oder etwa die seltsame Wandlung vom Saulus zum Paulus im Christentum: Stets scheinen Nahtoderfahrungen im Spiel gewesen zu sein. Stan Michielsens von Limen-Flandern in Belgien, hatte zur Geschichte Paulus’ ein eigenes Kapitel zum Tagungsband meines früheren Seminars im November 2009 beigetragen.[4]

 

Mythos Wissenschaftstheorien

Nun scheint es so, dass die modernen Naturwissenschaften einen ganz besonders großen Anteil an den „pessimistischen“ Vorstellungen des vermeintlich so aufgeklärten modernen Menschen unserer Zeit und in der vornehmlich westlichen Welt haben. Ein Urknall aus dem Nichts (z.B. Stephen Hawking), Leben und Evolution vor allem durch Zufall (z.B. Neodarwinisten), unser Geist als Produkt des Gehirns (z.B. die Hirnforscher Wolf Singer und Gerhard Roth) sind die Inhalte einer Art „moderner Bibel“. Daraus folgt auch ohne größeren Widerspruch: Tod bedeutet tot!

Der von vielen – wenngleich nicht auch von mir – als Genie hofierte britische Physiker Stephen Hawking meinte dazu in einem Interview[5]: „Ich sehe das Gehirn als einen Computer, der irgendwann nicht mehr läuft. Es gibt keinen Himmel, kein Leben nach dem Tod für kaputte Computer“.

Wer alle diese Vorstellungen anzweifelt, wird bestenfalls ignoriert (passiert mir zumeist noch) oder, wenn das Ignorieren aus irgendeinem Grund nicht mehr ausreicht, nach allen Regeln der Kunst in den Medien und manchmal durch sie verhöhnt oder gar bekämpft.

Doch es gibt auch renommierte Zweifler derartiger Thesen, die für viele längst bare Münze sind. Der amerikanische Physiknobelpreisträger von 1998, Robert B. Laughlin, meinte etwa 2008 in einem Interview: „... das Urknallszenario ist nichts als Marketing...“.[6] Und er legte noch nach: Bezogen auf ein im letzten Jahrzehnt stattgefundenes Welttreffen von Physikern und Kosmologen ergänzte er: „Keine einzige Behauptung von diesen Typen ist durch ein Experiment gedeckt. Nicht ein einziger hat irgendetwas gesagt, was wahr ist!“, womit er die heutigen Vorstellungen zu unserem Universum meinte.

 

Alles hat zwei Seiten

Tatsächlich herrscht schon immer eine grandiose Ordnung in unserem Kosmos. Mit Recht betrachtet man ganz ehrfürchtig die vielen Naturkonstanten, für die durchweg gilt, dass schon sehr kleine Abweichungen unsere ganze Welt nicht weiter bestehen lassen würden. Vielmehr noch, sie gäbe es dann erst gar nicht.

Näher betrachtet erkennt man, dass sie sich alle mit unendlichen Zahlenreihen arithmetisch darstellen lassen. Auch darauf werde ich zurückkommen.

Des Weiteren wird erkennbar, dass unser Universum zwar aus einer tollen Ordnung kommt und die Rahmenbedingungen einer ebensolchen zu gehorchen scheinen, aber alles Materielle – und damit für viele die ganze Welt selbst – im Laufe der Zeit zu immer größerer Unordnung (Entropie) strebt. Der Münchener Astrophysiker Günther Hasinger stellte dazu aber vor wenigen Jahren in einem TV-Interview[7] fest, dass es bemerkenswerterweise eine zweite Seite derselben Medaille gibt, und zwar eine zugleich wachsende Ordnung alles Geistigen oder anders gesagt, der Information. Dieses Beispiel weist nach meinem Dafürhalten auf ein zentrales Prinzip im ganzen Universum hin, das wunderschön bereits in der alten chinesischen Philosophie mit Yin und Yang beschrieben wird, dass alles zwei zueinander symmetrische und zugleich spiegelbildliche Seiten hat (Polare Symmetrie von allem und jedem). Aber es beinhaltet noch mehr: Beide Seiten bedingen sich gegenseitig. Und in diesem Prinzip werden wir wohl auch z.B. die Grundmuster für Gehirn und Geist, für Materie und Information, aber auch für Leben und Tod wiederfinden. Dazu wieder später mehr.

 

Zwei Seiten der Evolution

Zwei weitere Seiten derselben Medaille finden wir mit den Begriffen „Linear“ und „Kreisförmig/Zyklisch“. Auch sie sind stets parallel repräsentiert. So kann man zum Beispiel erkennen, dass alle körperlichen Entwicklungen im Rahmen der Evolution allen Lebens zyklischer Natur sind. So etwa gibt es oft ein „Kommen und Gehen“ ähnlicher Ausprägungen auf anderen Ebenen, zu anderen Zeiten oder in anderen Regionen der Erde, was am Phänomen der „Konvergenz“ gut verdeutlicht werden kann: Zu völlig anderen Zeiten und isoliert in Australien findet man Beuteltiere, die analoge Vertreter in den später sich sonst weltweit  entwickelnden Säugetieren haben, sich aber eben in der Art ihrer Fortpflanzung davon unterscheiden. Und immer wieder kommen für lange Zeit erfolgreiche Arten auf die Welt, streben zu einem Höhepunkt in Perfektion und Vielfalt, um dann wieder allmählich von der Bildfläche zu verschwinden. Heute konstruieren wir dazu oft recht abenteuerliche Ursachen, wie etwa zum Verschwinden der Saurier durch einen gewaltigen Kometeneinschlag über Mexikos Yukatan. Sehr wahrscheinlich mag der Einschlag sogar gewesen sein, aber gleichwohl nicht die Ursache für das Verschwinden dieser Arten. Sie hatten sich einfach überlebt und wurden durch andere, durch neue und „höhere“ Formen abgelöst.

Und damit kommen wir zur spiegelbildlichen, linearen Seite der Evolution: Sie hat eine zentrale Konstante, die sich im Laufe dieses Prozesses konsequent vom Einfachen zum Höheren fortentwickelt hat: Das Zentrale Nervensystem (ZNS), das bei uns Menschen mit unserem phantastischen Großhirn einen zumindest vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. Das ZNS aber könnte man tatsächlich wohl am ehesten vergleichen mit der Entwicklung von Computern und ihrer Software seit ihren Anfängen in den 1940er Jahren (z.B. durch C. Babbage, A. Lovelace, J.P. Eckert und J.W. Mauchly). Erst ganz allmählich, später beschleunigt und heute rasend schnell gibt es neue und bessere Errungenschaften. Während ich mich noch bis zum Abitur mit einem Taschenrechner zufrieden geben musste, kommt heute kaum noch jemand ohne moderne Computer aus. Ihren wirklichen Siegeszug aber erreichten sie erst, als sie soweit waren, dass man mit ihnen eine völlig neue Dimension erobern konnte, das Internet. Es war die Schaffung eines gigantischen, ja praktisch unendlichen, virtuellen Informationsraums, der nun eine völlig neue Welt darstellte. Aus ihr konnte zunächst bloß rein informativ „gelesen“ werden. Heute aber kann man sich darin in früher völlig ungeahntem Ausmaß interaktiv bewegen und ständig mit ihr austauschen. Das geschieht zu beidseitigem Nutzen: Wir schaffen und lernen mehr, wir können weltweit einkaufen, uns informieren, Reisen buchen etc.pp.! Aber auch das Internet selbst und seine Inhalte können laufend aktualisiert und verbessert werden. Natürlich gilt – wie immer – auch hier: Wo Licht, da Schatten. Und so wachsen auch Gefahren und Probleme, was aber hier nicht weiter behandelt werden soll.

Übertragen auf die lineare Fortentwicklung des ZNS muss man auch hier sehen, dass die Evolution zwar z.B. für einen simplen Huf etwa 40 Mio. Jahre benötigt und sich sicher auch viel Zeit für die Reifung eines ZNS gelassen hat. Als es  aber richtig spannend wurde, dann nämlich, als das ZNS mit Hilfe eines tollen Gehirns schon analog zu jüngeren PCs ausreichend interaktiv „internetfähig“ geworden war, kam es auch hier zu einer explosionsartigen Weiterentwicklung:

Über wenige Hundert Generationen ist der Mensch vom einfachen Jäger und Sammler, der noch mit simplen Werkzeugen Feuer machte und mit Pfeilen unter Lebensgefahr auf Mammutjagd ging, zu einem Zivilisationsmensch mit riesigem technischen „Know How“ herangewachsen. Auch hier gilt natürlich: Wo viel Licht, da auch viel Schatten. Und dies erfahren wir leider ebenfalls tagtäglich!

Schaut man auf diesen Prozess ohne Scheuklappen und in Analogie zu der Entwicklung von Computern und Internet, dann drängt sich geradezu auf, diesen gewaltigen und superschnellen geistigen Fortschritt der Menschheit mit der allseits möglichen interaktiven Zusammenarbeit zwischen PC und Internet zu vergleichen: Wir ziehen Informationen aus einem sich in wachsendem Maße strukturierenden (oder differenzierenden) universalen Informationsraum und helfen zugleich ständig und ohne sich dem bewusst zu werden, interaktiv bei seiner weiteren Differenzierung, und damit Entwicklung, mit.

Somit haben wir die Chance, endlich auch wieder einen immateriellen Geist von einem materiellen Gehirn zu unterscheiden, wobei das Geistige evolutionär betrachtet zunächst vor allem etwas Kollektives ist. C.G. Jung würde von Archetypen sprechen, in der indischen Mythologie gibt es die Akasha-Chronik. Beides dürfte in gewissem Maße ähnlich verwendbar sein, mit einer Ausnahme: Hier kommt die interaktive Gestaltungsmöglichkeit noch hinzu!

 

Zwei Seiten der Menschheitsentwicklung

Im Laufe der jüngeren Evolutionsgeschichte aber, so scheint es sehr deutlich, wechselt die Evolution das Pferd: Aus einem kollektiven Wachstum eines interaktiv zugänglichen weltumspannenden Informationsraums wird mehr und mehr ein zugleich individuelles Wachstum von individuell geschaffenen und zugänglichen Teilen dieses Informationsraums, vergleichbar mit unzähligen Intranets im heutigen Internet. Und die zuvor überwiegend kollektive Fortentwicklung auf der Ebene ganzer Arten wird damit heute zum kulturellen Wachstum ganzer Gesellschaften, aber über den Einzelnen, und nicht mehr als kollektives Geschehen vorweg. Nur in manchen Bereichen der Politik wird dieser fundamentale Wandel des „Prinzips Mensch“ noch nicht verstanden, was in den vergangenen beiden Jahrhunderten zu fürchterlichen Fehlentwicklungen und erbärmlichen Kriegen in vielen Teilen der Welt geführt hat.

Einen Beleg dafür finden wir, wenn wir von der Evolution weggehen und nun das einzelne menschliche Leben betrachten: Von seiner Geburt bis zum Tod macht das Körperliche eines Menschen eine zyklische Entwicklung durch. Wie auf einem Halbkreis entsteht er und entwickelt sich fort bis zu seinem körperlichen Höhepunkt mit vielleicht 25-30 Jahren. Von da an aber geht es bergab, und der Mensch strebt mehr oder weniger schnell seinem Tod zu, weil der Körper „verschleißt“. Sein eigentliches Ich aber, seine Persönlichkeit, sein ganzer Geist, seine Gefühlswelt, ja alle immateriellen Errungenschaften seines Lebens wachsen dagegen unaufhörlich linear weiter und streben bis zum Tod schließlich einem Höhepunkt zu! Der Tod wird somit aus logischer Sicht auch zu einer Befreiung des Geistes von seiner im Alter zumeist körperlichen Bürde. Das aber macht den Tod als endgültiges Ende für den „ganzen Menschen“ äußerst fragwürdig; denn warum sollte nur ein Teil dieses Wesens diesem Ende zustreben, während der andere sich ganz im Gegenteil dazu zu ungeahnter Größe aufmacht?

Hier nun zunächst genug der zwei Seiten von Linear und Zyklisch.

Suchen wir nach weiteren Mosaiksteinen:

 

Unser Menschenverstand muss helfen

Ist es vielleicht sogar besser, den gesunden Menschenverstand für unsere Suche nach Erkenntnis einzusetzen, anstatt ständig neue subjektive Interpretationen von objektiven Phänomenen, wie sie täglich neu von Naturwissenschaftlern produziert und von einflussreichen Medien zu oft und vorschnell als gesichert verbreitet werden?  Die meisten Menschen sind ja überhaupt nicht in der Lage, auch nur im Entferntesten zu erkennen, was objektive Realität und was subjektive Interpretation ist. Dasselbe gilt für die allermeisten Vertreter der meinungsmachenden Medien, was sie uns aber natürlich nicht erzählen...

 

Schon Albert Einstein (1879-1955) sagte: „Im unbegreiflichen Weltall offenbart sich eine grenzenlos überlegene Vernunft“. Und ich bin überzeugt, dieses Genie hatte recht! Wenn wir also den gesunden Menschenverstand bemühen wollen, muss man als Erstes darauf achten, dass es zwingend notwendig ist, über den Tellerrand möglichst vieler Fachgrenzen zu schauen.

Einseitige Betrachtungen können nicht zur Wahrheit führen. Genauso wenig sind Scheuklappen angebracht. Jede Art des Querdenkens muss erlaubt sein.

Die Kunsthistorikerin, Unternehmenscoach und intensiv mit vielen Fragen der Hirnforschung beschäftigte Petra Elisabeth Siebert hat dazu den Begriff „Raum für Kreativität“ geschaffen. In ihm muss ein freier „FLOW“ gewährleistet sein.

Nur wenn schließlich alles zusammenpasst, kann es möglicherweise richtig sein.

Eine schöne Parabel, die der englische Dichter Godfrey Saxe (1816-1887) dem Hinduismus entlehnte, mag das verdeutlichen:

Saxe beschreibt darin sechs Blinde, die sich ein Bild von einem Elefanten machen wollen. Alle betasten das Tier und sind fest davon überzeugt, nun über seine Beschaffenheit und sein Aussehen genau Bescheid zu wissen.

Dabei entgeht ihnen allerdings, dass jeder von ihnen tatsächlich jedoch immer nur einen kleinen Teil des Tieres wahrgenommen hat, so wie heutzutage der Physiker meist nur die Physik oder der Chemiker nur die Chemie sieht, u.s.w.! Der erste Blinde meint deshalb, eine Wand vor sich zu haben. Der zweite, der nur den Stoßzahn befühlt, glaubt, es handele sich dabei um einen Speer. Der dritte hält das Tier wegen seines Rüssels für eine große Schlange und der vierte aufgrund seines stämmigen Beines für einen Baum. Der fünfte, der nur das Ohr des Elefanten ertasten kann, hält diesen für einen Fächer und der sechste schließlich, der allein den Schwanz gefühlt hat, vermutet darunter ein Seil.

Am Ende streiten sie sich darüber, wer denn nun Recht hätte.

Zumeist nehmen wir nur das wahr, was wir in einer Situation für wahr halten.Entspricht es nicht unseren Paradigmen, also dem, woran wir glauben, so sind wir oft nicht bereit, uns damit kritisch auseinanderzusetzen. Das wiederum verhindert den Blick über den Tellerrand.

Wir alle, so glaube ich, stehen heute vor genau demselben Problem: Betrachtet man jede Wissenschaft für sich und schaut nur auf die vielen Einzelergebnisse, dann lassen sie alle für sich ganz unterschiedliche Deutungen zu. Nur für sich allein genommen sind sie so vielleicht auch durchaus gerechtfertigt.

Versucht man aber, mal alle Beobachtungen zusammen zu werten und auf einen Nenner zu bringen, dann erweisen sich die vielen Einzelinterpretationen auf einmal als eigentlich untragbar. So gesehen wäre es wohl zweifellos besser, von vornherein mutigere und ganzheitlichere Interpretationen zu wagen.

 

Tatsächlich glaube ich, dass unser ganzes Universum mehr einem Origami gleicht: Wie in der diffizilen japanischen Kunst, ein leeres Blatt zu einem grandiosen Kunstwerk zu falten, so scheint mir auch alles in dieser Welt auf einem (fast) unbeschriebenen „Blatt“ zu beruhen, und alles, was wir heute schon an Phantastischem wahrnehmen, Ergebnis des Faltens zu sein. Aber genau wie der Künstler beim Origami, so liegen auch der Entwicklung dieser Welt sehr genaue Regeln zugrunde, die damit erst ein Kunstwerk ermöglichen.

Ohne solche Regeln, ohne ganz exakte Informationen, etwa wie man was in welcher Reihenfolge machen muss, läuft schlichtweg gar nichts. Informationen aber sind virtuell, sie sind „Geist“, sie sind Inhalt eines weltumspannenden „Internets“, eines schier gigantischen, unendlichen Informationsraums.

Und für all das muss eine Ursache oder ein Urheber existieren.

 

Ich glaube, der gesunde Menschenverstand lässt uns auf vier universelle Gesetzmäßigkeiten schließen. Auf eine davon, die zweite, bin ich schon anhand einzelner Beispiele eingegangen. Da sind:

1) Von nichts kommt nichts

2) Alles in dieser Welt hat zwei Seiten

3) Zwischen diesen zwei Seiten gibt es Schnittstellen

4) Eine dieser Schnittstellen ist das, was wir den Tod nennen

 

Diese vier Punkte bilden, wie ich meine, geradezu einen „roten Faden“, der zwar nicht immer und im Detail das „Wie“ in unserer Welt erklären kann, dafür aber das „Was“. Daran sollten sich alle subjektiven Interpretationsversuche der objektiv beobachtbaren Phänomene orientieren.

 

Von nichts kommt nichts!

Die Welt ist nicht aus dem Nichts entstanden: Nichts auf der Welt kommt aus dem Nichts. Dies lässt sich eigentlich beweisen, wenn man anerkennt, dass die einfachsten Grundlagen mathematischer Logik zu allen Zeiten und unabhängig vom Vorhandensein eines intelligenten und sie erkennenden Lebens, wie z.B. des Menschen, bereits existiert haben. Diese Logik aber sagt uns, dass aus dem Platzhalter für das „Nichts“, der Null, keine mathematische Realität entsteht.

Nach derselben Logik gibt es dagegen nicht nur eine, sondern vielmehr sogar zwei (fast) gleich „starke“ Realitäten. Sie werden in ihrer kleinsten rationalen Einheit mit -1 und +1 bezeichnet und sind polar-symmetrisch zueinander, oder eben spiegelbildlich und entgegengesetzt.

Und tatsächlich: Keine dieser beiden Realitäten entsteht aus der Null, dem Symbol für das Nichts, sondern die eine entsteht aus der anderen. Die beiden polar-symmetrischen kleinsten Realitäten „-1“ und „+1“ sind selbst dann Anfangsglieder der negativen und positiven ganzen Zahlen. Der deutsche Mathematiker Leopold Kronecker[8] sagte einmal: „Die ‚Ganzen Zahlen’ hat der liebe Gott gemacht. Alles andere ist Menschenwerk“. Hier scheinen also grundsätzliche Regeln für unser universelles Origami verborgen zu liegen.

 

Immer wieder: Alles hat zwei Seiten!

Das ostasiatische, vermutlich auf Laotse[9] zurückgehende Symbol von Yin und Yang bietet für mich die beste Darstellung dieser fundamentalen Grundweisheit.

Zwei polar-symmetrische Flammen, die sich spiegelbildlich und entgegengesetzt gegenüber liegen und dabei ergänzen, erschaffen, bzw. beeinflussen sich dabei gegenseitig.

 

Wendet man diese zweite Gesetzmäßigkeit auf die erste an (also auf „von nichts kommt nichts“), so sollte tatsächlich – wenn schon beide Realitäten nicht aus dem Nichts entstehen – eine die andere schaffen und die neu geschaffene wieder Einfluss auf die Gestaltung der ersten Realität nehmen.

 

Und was sagt die elementare mathematische Logik dazu?

Genauso ist es! Aus -1 entsteht durch Quadrieren, d.h. durch Multiplikation mit sich selbst, +1. Dabei zeigt sich, dass -1 die stärkere Existenz ist; denn die umgekehrte Rechnung, das Wurzelziehen[10] aus +1, ergibt +1 und -1, ist nicht eindeutig.

Wenn man aber aus +1 eine Wurzel ziehen kann, also den ersten Rechenweg umkehren kann, dann muss das zwingend auch aus -1 möglich sein.

Natürlich geht das – für einen Mathematiker ist das trivial – aber tatsächlich ist es bemerkenswert; denn das Ergebnis ist zum einen eindeutig und führt zum anderen zur Welt der imaginären Zahlen, genannt „i“: Eine solche Zahl „i“ muss es also geben, an ihrer realen Existenz gibt es keinen Zweifel, die Logik weist uns diesen Weg: Aber man kann sie nicht näher beschreiben.

 

Somit erhalten wir eine elementarmathematisch logische Schöpfungskette, die wirklich beachtenswert ist: Aus einer für uns unbeschreiblichen, aber dennoch zweifelsfrei existenten Realität „i“ entsteht eine für uns real wahrnehmbare und notwendige erste „Existenz (-1); aus dieser dann eine zweite Realität (+1). Und keine dieser beiden beschreibbaren Existenzen entsteht aus dem Nichts.

Liegt es da nicht nahe, in diesem roten Faden fundamentaler mathematischer Logik eine Metapher, bzw. eine Analogie, für das „Was“ in unserer Welt zu erkennen? So kann die imaginäre Zahl „i“, metaphorisch betrachtet, eine Art logischer Beweis für das von uns nicht Beschreibbare, weil sich unserem Vorstellungsvermögen Entziehende, und damit für das Göttliche sein – für Gott schlechthin! Diese Logik erklärt auch, warum aus unserer Sicht der Glaube an einen Gott mehr Sinn macht, also der Monotheismus der Vielgötterei logisch überlegen ist, wie ich eingangs dieses Beitrags schon einmal vermerkte. Damit behaupte ich natürlich keineswegs, dass es auf einer solchen, für uns eben nicht näher zu begreifenden und beschreibbaren Ebene nicht auch wieder ganz neue und unbegreifliche Facetten der „Göttlichkeit“ geben mag.

 

„Mit ihm/ihr und in ihm/ihr“ entsteht dann eine erste beschreibbare Realität, in kleinster rationaler Einheit symbolisiert durch -1, aus der dann in nächster Konsequenz eine polar-symmetrische zweite beschreibbare Realität entsteht, dargestellt durch +1. Könnte dann diese erste Realität aus „i“ nicht das sein, was wir „Geist“ oder „geistige Welt“ nennen, vielleicht eben moderner: „Informationswelt“ oder gar „kosmisches Internet oder/und Outernet“, wie ich hier schon mehrfach angeregt habe? Und wäre dann vielleicht die zweite Realität, die um +1, eine in der real existierenden Logik verankerte Metapher, bzw. Analogie, für das, was wir als materielle Welt heute wahrnehmen und erfahren? Ich glaube, so ist es. Dann würde aus dem heute zumeist unterstellten, materialistisch-reduktionistischen Monismus ein geistiger oder informationeller Monismus, und auch der vieldiskutierte Dualismus wäre nur scheinbar gegeben.

 

Es ließe sich so nachvollziehen, dass die materielle Welt in einer geistigen oder „virtuell-informationellen“ Welt ihren eigentlichen Ursprung findet, so wie +1 aus -1 durch Quadrieren eindeutig entsteht.

Dann könnten wir auch erkennen, dass die -1, das Symbol für das Geistige, als Informationseinheit allem und jedem anheftet, wenngleich im Verborgenen.

Aber wir können festhalten, dass das Geistige real existiert und nicht mit dem Materiellen identisch ist. So können wir jetzt plausibel behaupten, dass jede materielle Existenz einen verborgenen Informationsgehalt besitzt, der genauso real ist wie seine „materielle Hülle“. Und er kann von dieser materiellen Seite sogar getrennt werden, ohne dass er dadurch weder Existenz noch Bedeutung verliert!

Dann sind wir auf dem, wie ich meine, richtigen Weg zu der Einsicht, dass auch jede noch so komplexe Information, z.B. der am Ende eines menschlichen Lebens in geistigen und emotionalen Facetten erfahrenere, weiterentwickelte oder anders: der differenzierte menschliche Geist, nicht mehr zwangsläufig seine bisherige materielle Umgebung benötigt, um ohne jede Einschränkung trotzdem fortzuleben.

Allein die Logik sagt uns das als gewisse Realität voraus, auch wenn sich uns das vordergründig nicht sofort erschließt, so wie sich ja vielen auch die reale Existenz der imaginären Zahlen nicht sofort erschließt, nur weil wir sie nicht näher beschreiben können.

 

Also müssen wir lernen, zu akzeptieren, dass es Realitäten in unserer Welt gibt, die von uns nicht genau zu bestimmen oder durch uns näher zu beschreiben sind.

Dabei sind sie keineswegs abstrakt: Ohne „i“ als reale Rechengröße gäbe es heute keine Computer.

Vielmehr sind sie ganz praktisch und für jeden im Alltag überall erkennbar – immer sind sie polar-symmetrisch, also spiegelbildlich und gegensätzlich:

 

Die alten Griechen schauten mit Ehrfurcht und Erstaunen auf einen Kreis, eine Kugel oder auf ein rechtwinkliges Dreieck. Sie erkannten, dass Kreis und Kugel (optisch und geometrisch) endliche Umfänge, bzw. endliche Flächen, besitzen und das Dreieck eine (optisch und geometrisch) endliche Hypotenuse. Für uns klingt das heute nicht mehr spannend. Tatsächlich aber ist diese Beobachtung fundamental bedeutend; denn so endlich auch diese geometrischen Figuren sind, wir können ihre Endlichkeit nicht genau bestimmen: Nehmen wir entsprechende Berechnungen vor, arbeiten wir also mit „unserem materiellen Werkzeug, mit der „Arithmetik“, dann stellen wir bei allen diesen Formen wieder eine zweite und polar-symmetrische Seite fest: Die Seite der Unendlichkeit; denn wir brauchen eine unendliche Zahl π, um diese Bestimmung näherungsweise vorzunehmen.

Endlichkeit und Unendlichkeit sind also real existent in unserem Universum, auch wenn wir die Unendlichkeit selbst nicht „näher fassen“ können.

 

Nirgendwo in der Physik gibt es Kontinuität. Alles ist gequantelt, wie wir spätestens seit Albert Einstein (1879-1955) und Max Planck (1858-1947) wissen, d.h. alles ist diskontinuierlich und besteht aus kleinsten Teilchen, aus Partikeln. Selbst ein Atom lässt sich weiter teilen, und ganz sicher werden wir irgendwann immer neue, noch mehr kleinere Teilchen aufspüren, als wir heute schon gefunden haben. Aber egal, wie lange wir so weiter herum experimentieren und wie viele, immer kleinere Partikel wir noch ans Licht bringen sollten, immer werden es Teilchen sein, nie werden wir zum „Nichts“ vorstoßen, als der heute oft noch behaupteten Basis aller Existenz.

Der Physiker spricht auch nicht mehr von einem Nichts, sondern von reinen Wahrscheinlichkeiten „virtueller Existenz“, den sog. Quantenfluktuationen.

Hier sollte die Schnittstelle zwischen Information und Materie, zwischen der Welt um „-1“ und der um „+1“ zu finden sein; denn zugleich erfahren wir täglich, dass es echte Kontinuität geben muss.

So ist unser Leben ganz offensichtlich kontinuierlich, sonst würden wir in jedem Bruchteil einer Sekunde zerfallen und sofort wieder neu entstehen.

Und unser Geist strebt, wie ich schon vorher erläutert habe, während eines jeden menschlichen Lebens kontinuierlich linear aufwärts, hin zu seinem Maximum – und nur Schäden seines materiellen Ausdrucksorgans, des Gehirns, können verhindern, dass alle Außenstehende das nachvollziehen können. Nicht umsonst gibt es in vielen Gesellschaften noch sog. Ältestenräte.

 

Und wie steht es mit Raum und Zeit? Auch sie sind kontinuierlich, also ohne ein „echtes physikalisches Korrelat“. Allein durch den wissenschaftlich scheinbar notwendigen „Kunstgriff“, in das Lichtteilchen (oder allgemein: Photon), der quasi kleinstem „materiellen Existenz“, zugleich auch einen Wellencharakter hinein zu interpretieren, ohne damit aber zugleich auf seine andere Seite, den reinen Informationsgehalt, zu verweisen, können wir uns die Kontinuität von Raum und Zeit überhaupt vorstellen. Somit stellt sich hier natürlich die Frage, ob das Photon als „physikalisches Sein“ tatsächlich selbst Welle und Teilchen in einem ist oder vielmehr bloß zwei polar-symmetrische Seiten besitzt und mit einem Teil einer komplett anderen „Welt“ angehört? Nur die ihm zweifellos auch untrennbar zugehörige zweite Seite, „pure Information“ des kleinsten Seins zu sein oder mathematisch die 1, ergibt dann den Wellencharakter, während die andere Seite derselben Medaille „Photon“ das messbare Teilchen ist?

Licht wäre so eine Schnittstelle zwischen Materie und Geist.

 

Kontinuität und Diskontinuität sind zwei weitere Seiten derselben Medaille.

Kontinuität ist dabei Ausdruck des verborgenen „Informationsgehaltes“ in der materiellen Existenzwelt. Sie ist also ein Kernaspekt der ersten Existenzebene.

Dennoch glauben wir nach wie vor, die von uns vordergründig wahrgenommene zweite Existenzebene, eben diese materielle Welt, sei die einzige Welt.

Falsch geglaubt! Und wenn einfache mathematische Logik das „Was“ in  unserer Welt erklären kann, dann existieren automatisch die von „+1“ und „-1“ jeweils abgehenden und unendlich fortlaufenden Ordnungszahlen genauso wie deren unendlich fortlaufende Kehrwerte. Und sie alle sind am Ende zugleich ein Beweis für die Realexistenz von Kontinuität, ebenso wie von Unendlichkeit und damit auch von Ewigkeit, dem Begriff für die Unendlichkeit von Zeit.

 

Die Beispiele lassen sich beliebig fortsetzen und reichen in alle Bereiche unserer alltäglichen Beobachtungen. Wir können nun mit Gewissheit feststellen, dass wirklich alles in unserer Welt stets nach denselben logischen Grundprinzipien aufgebaut ist und funktioniert. Jede noch so große Komplexität ist also wohl vergleichbar mit einem komplizierten Origami. Aber immer lässt sich am Ende alles auf ein einfaches Blatt zurückführen, das dann mit höchster Perfektion gefaltet wurde.

Die so interpretierte Doppelnatur des Lichts zeigt uns auch: Allem Materiellen heftet zugleich die Information des Seins an, die nach ganz einfachen, logisch-mathematischen Regeln strukturiert ist und funktioniert. Sie allein ist unteilbar, kontinuierlich, unzerstörbar, unendlich und ewig. Und das gilt folglich für jede sich daraus entwickelnde, noch so große Komplexität in gleicher Weise – und damit zum Beispiel auch für den hoch differenzierten menschlichen Geist.

 

Schließlich ist auch unser Geist nur eine andere Seite derselben Medaille.

Er entsteht und entwickelt sich zusammen mit seinem Gehirn und existiert dabei so real wie sein Gehirn. Er ist aber kein Produkt dieses Gehirns.

Albert Einstein sagte es treffend: „Der Geist war nicht ein Nebenprodukt der Materie, er war deren beherrschende Struktur“.

Mit seinem Gehirn lebt und entwickelt sich unser Geist ein Leben lang. Durch sein Gehirn drückt er sich im „irdischen“ Leben aus. Aber so wie die -1 als metaphorisches Symbol auch ohne +1 existiert, weil nach dem „Abscheiden“ von -1 aus der +1 von letzterer nichts mehr übrig bleibt, so muss die lebende Materie tot sein, wenn sich das Leben von ihr entfernt, aber das Leben selbst damit nicht zugleich auch beendet.

Und so kann und wird genauso unser Geist, ja unsere ganze facettenreiche Persönlichkeit ohne das Gehirn fortleben. Ganz bestimmt wird es dereinst so sein: Dann, wenn der Tod sie beide scheidet.

 

Die schon erläuterte polare Symmetrie von Periodizität (Zyklik) und Linearität weistunsauch hier den richtigen Weg zur Erkenntnis:

Bei Betrachtung der Evolution allen Lebens auf unserer Erde konnten wir schließlich feststellen: Die materielle Seite der Evolution, der Teil, der sich in der reinen Körperlichkeit eines jeden Lebens ausdrückt, z.B. erkennbar in der Entwicklung der verschiedenen biologischen Arten, unterliegt seit ihrem Beginn periodischen Entwicklungen und Schwankungen, quantitativ wie qualitativ.

Dagegen aber gibt es das ZNS mit dem Gehirn an der Spitze. Es ist eine zentrale Konstante, die sich linear konsequent durch alle Zeiten der Evolution aufwärts fortentwickelt hat. Die Evolution ist somit nicht auf den Menschen ausgerichtet, wie manche behaupten. Sie ist also nicht anthropozentrisch. Vielmehr ist sie wohl neurozentrisch.

Und bis hin zum menschlichen Großhirn bleibt das ZNS zugleich durch alle Regionen und Zeiten hinweg abwärtskompatibel, was man das bei modernen Betriebssystemen von Computern heute leider zu oft vermisst.

Das Zentrale Nervensystem ist aber deswegen nicht der Produzent des Geistes, dem Sinnbild für „komplexe universelle Information“, sondern zugleich ein Vermittler, dazu Sender und Empfänger sowie eine verarbeitende Schnittstelle, ein gigantischer (Back-Up)-Speicher und wohl noch viel mehr.

 

Fazit

Die Evolution der Welt, vom ganzen Universum, allem Leben und jedem Gehirn ist ein komplexes und ständig interaktives Miteinander zwischen Geist und Materie, ohne dass der altbekannte philosophische Dualismus und damit eine physikalische Wechselwirkung bemüht werden muss:

Jedem kleinsten materiellen Sein haftet die Information seines kleinsten Seins untrennbar an. Über sie ist das materielle Sein überhaupt erst entstanden. Somit haben wir es mit einer anderen Form von Monismus zu tun, nicht dem heute von so vielen Wissenschaftlern unterstellten materiellen Monismus, sondern mit seinem genauen Gegenteil: einem geistigen oder informationellen Monismus.

 

Jede noch so wachsende materielle Komplexität ist damit auch – informationell betrachtet – in derselben Weise von wachsender, aber geistiger Komplexität.

Die Physik kennt die Entropie, nach der alles Physikalische zu Unordnung strebt oder – anders ausgedrückt – jede materielle Komplexität vergänglich ist.

Wir wissen das nur allzu gut und nennen das „Tod“. Doch wie schon der Astrophysiker Günther Hasinger sagte, gibt es dazu ein geradezu erstaunliches Gegenstück, die wachsende Ordnung der Information. Ihre Komplexität, die erst durch das Vehikel „Materie“ wächst, auch wenn sie sie zu ihrer Bildung erst verhilft, ist dagegen unvergänglich. Für sie gibt es keinen Tod!

 

Wie bereits erwähnt, sind auch in jedem einzelnen menschlichen Leben diese beiden polar-symmetrischen Aspekte von Periodizität (Zyklik) und Linearität genauso deutlich erkennbar. Dies zeigt die völlig unterschiedliche Entwicklung von materiellem Körper und immateriellem Geist bei jedem von uns.

Der Geist beginnt zwar seine Existenz mit dem Körper, aber er ist als undifferenzierte Information schon da und zugänglich. Von nun an entwickelt er sich konsequent und kontinuierlich linear weiter, er differenziert immer stärker und ohne Abstieg bis zum dann schließlich rein körperlichen Tod. Eine Demenz ist „nur“ ein körperliches Problem. Der Geist kann sich nicht mehr seines gesunden Gehirns bedienen. Aber er ist selbst nicht betroffen. Das kann man oft bei alten Menschen erkennen, wenn ihr Geist sporadisch mal wieder seinen Weg durch die „korrodierten Kabel“ findet: Sehr häufig findet man derart lichte Momente gerade unmittelbar vor dem Tod dieser Person.

 

Der Tod begrenzt unsere weitere geistige Entwicklung nicht, bei keinem von uns! Wer stirbt, ist nicht tot! Jeder Einzelne von uns lebt weiter, die Logik lässt keinen anderen vernünftigen Schluss zu.

Die Vernunft sollte unseren Glauben an das Überleben des eigenen Todes bestärken. Wir tun gut daran, uns in dieser sicheren Erkenntnis nicht von materialistischem Kleingeist abhalten zu lassen, wie er sich leider noch sehr verbreitet finden lässt.

 

 

Literatur

Dawkins, R., „Der Gotteswahn“, Ullstein (2008)

Elsaesser Valarino, E., „Erfahrungen an der Schwelle des Todes – Wissenschaftler äußern sich zur Nahtodeserfahrung“, Ariston (1995)

Kübler - Ross, E., „Über den Tod und das Leben danach“, Silberschnur (1994)

Kübler - Ross, E., „Sterben lernen - Leben lernen --- Fragen und Antworten“, Silberschnur (1995)

Laack, W. van, zahlreiche Bücher, siehe Verzeichnis am Ende des Buches, S. 116

Laack, W. van, "Nah-Todeserfahrungen – Vorhof zum Himmel oder bloß Hirngespinste?", die Drei, Z. f. Anthroposophie in Wissenschaft, Kunst und sozialem Leben, 12 (2004)

Laack, W. van, "Ohne Geist läuft wenig! 

Teil 1, „Kann aus Neuronen Bewusstsein entstehen?" (2004),

Teil 2, „Zur Unfreiheit verdammt?" (2005); Die Drei, Z. f. Anthroposophie in Wissenschaft, Kunst und sozialem Leben, 2 (2005)

Laack, W. van, „Nahtoderfahrungen – Vorhof zum Himmel oder bloß Hirngespinste?“,

in Serwaty A, Nicolay J (Hg.), Nahtod und Transzendenz. Santiago-Verlag (2008)

Lommel, Pim van, „Endloses Bewusstsein“, Patmos-Verlag (2009)

Lütz, M., „Gott – eine kleine Geschichte des Größten“, Knaur (2009)

Moody, R.A., „Leben nach dem Tod“, Rowohlt (1977)

Moody, R.A., „Das Licht von drüben --- Neue Fragen und Antworten“, Rowohlt (1989)

Planck, Max, „Vom Wesen der Willensfreiheit“, Fischer (1990)

Ring, K., „Den Tod erfahren - das Leben gewinnen --- Erkenntnisse und Erfahrungen von Menschen, die an der Schwelle zum Tod gestanden und überlebt haben“, Scherz             (1984)

Ring, K., E. Elsaesser-Valarino, „Was wir aus Nahtoderfahrungen für das Leben gewinnen – der Lebensrückblick als ultimatives Lerninstrument. Santiago- Verlag (2009)

Sauer, H., „Polynesische Wellen – Eine Geschichte über die Liebe und den Tod“ (2011)

Stein, Christine, „Like an Angel – einmal Himmel und zurück“, Wolkenweit (2011)

Tiger, L., M. McGuire, „God’s Brain“, Prometheus (2010)



[1] In: Lütz, M., „Gott – eine kleine Geschichte des Größten“, Knaur (2009)

[2] Dawkins, R., „Der Gotteswahn“, Ullstein (2008)

[3] Tiger, L., M. McGuire, „God’s Brain“, Prometheus (2010)

[4] siehe: „Schnittstelle Tod – Aufbruch zu neuem Leben?“ (2010), Weitere Daten s. Anhang.

[5] zitiert in „Welt am Sonntag“ vom 22.05.2011

[6] zitiert in „DER SPIEGEL“ 1-2008

[7] TV: 3SAT, „Scobel“

[8] Leopold Kronecker (1823-1891), Dt. Mathematiker

[9] Laotse, geboren 604 v.Chr., evtl. auch erst im 3.-4. Jhd. v.Chr., chinesischer Philosoph

[10] Wurzelziehen = Radizieren, umgekehrter Rechenschritt zum Quadrieren, des mit sich selbst Multiplizieren